Wie Sie ein Premium-Angebot erfolgreich aufbauen
4. Folge Audience Development Deep Dive
We Like Mags und Purple im Gespräch mit André Lux, Leiter Vertrieb & Marketing bei Heise Medien
Heise Medien verlegt u. a. die Branchenmagazine c’t und iX, Technology Review sowie Telepolis. Seit 2019 gibt es bei Heise Medien das Abo-Angebot Heise +. Interessierte Leser*innen können gegen eine zusätzliche Gebühr tiefer in Branchenthemen eintauchen als es bislang über das kostenlose Portal Heise Online der Fall war. Die Maxime hierbei: „Wir sind Tieftaucher und gehen den Dingen auf den Grund“. Dafür wurde eine eigene Online-Redaktion geschaffen, die der Zielgruppe genau das liefert: Artikel und Hintergrundberichte mit noch mehr Tiefgang.
Preisjonglage nicht ohne Folgen
Die Preisgestaltung war zu Beginn noch holprig: Interessierte Abonnenten hatten die Möglichkeit, einen temporären Preis von 9,95 Euro zu zahlen, der sich zu einem späteren Zeitpunkt auf 14,95 Euro erhöhen sollte. Jedoch führte das eher zu Verwirrung bei den Leser*innen, so dass Heise Medien schnell auf einen Festpreis von 9,95 Euro umschwenkte. Doch dabei sollte es nicht bleiben: Als im März 2021 die Preise um drei Euro erhöht wurden, bekam das Haus schnell die Reaktionen zu spüren. Die Digitalabos brachen ein und Heise Medien erkannte, dass für Online-Angebote eine andere Sensibilität vorherrscht als auf dem Print-Markt.
André Lux berichtet ferner über Schnittmengen von Print- und Digital Abonnent*innen und Abwanderung von Print zu Digital bzw. umgekehrt. Eine Herausforderung, der sich das Haus stellen muss, will es weiterhin beständig Leser*innen halten und aufbauen. Außerdem arbeitet die Online-Redaktion von heise+ mit einem Themenradar, das der Redaktion wichtige Hinweise über relevante und tatsächlich interessante Kernthemen bietet um User*innen zu erreichen.
Doch damit nicht genug: Um neue Kund*innen zu halten wird ihr On-Site-Verhalten gemessen, wenn auch nicht individualisiert, sondern in „Mini-Kohorten“. Laut André Lux geht es darum, Next Best Content (NBC) anzubieten. Das sind Inhalte, die so spannend sind, dass Interessent*innen im nächsten Schritt das Next Best Offer (NBO) annehmen, um sich Zugang zu dem exklusivem Content zu sichern. Aktuell verzeichnet heise+ 46.500 aktive Abonnenten.
Weiterführende Links
Das erwartet Sie in dieser Folge
00:45 – Der große Unterschied: heise und heise+
04:06 – Abo- und Preisgestaltung: Warum der Online-Markt sensibler ist als das Print-Segment
09:11 – Der Unterschied zwischen One- und Multibrander
15:25 – Zusammenarbeit zwischen Marketing und Tech-Team
17:11 – Print- versus Digitalabonnenten
19:48 – Warum ein Themenradar nützlich ist
26:21 – Customer Audience Management: Wie Kund*innen gepflegt und umworben werden
29:41 – Sesam öffne nicht oder wie Heise + mit Paid und Gated Content arbeitet
33:49 – Newsletter Marketing
36:05 – A/B Testing: Was funktioniert und was nicht
38:37 – Traffic – Mobil oder Desktop
40:21 – Customer Journey & Warnsignale
44:47 – Übernahme t3n: Was folgt nach der Übernahme des erfolgreichen Branchenmagazins
46:39 – André Lux privat
Christian Kallenberg [00:00:07]:
Willkommen zur neuen Folge des Audience Development Deep Dives von SPRYLAB Technologies und We Like Mags. Auch heute sitzt mir als Co-Host gegenüber Benjamin Kolb, Geschäftsführer von SPRYLAB Technologies. Hallo, Benni.
Benjamin Kolb [00:00:20]:
Hallo, Christian. Ich freue mich sehr.
Christian Kallenberg [00:00:22]:
Ich freue mich auch, vor allen Dingen auf das folgende Gespräch mit André Lux, Leiter Vertrieb und Marketing von Heise Medien. Hallo, André.
André Lux [00:00:30]:
Hallo, Christian. Es freut mich, dass ich heute hier teilnehmen darf.
Christian Kallenberg [00:00:34]:
Wir wollen ja heute ein bisschen wissen, was bei heise+ so los ist. André, magst du einmal erzählen: Seit wann gibt es heise+ eigentlich? Was ist das eigentlich? Was kann das? Wie viele Leute wollen davon was wissen?
André Lux [00:00:45]:
Ja, also heise+ ist unser Flat-Angebot, das wir jetzt seit Ende Januar 2019 in den Markt gebracht haben. Das Angebot beinhaltet hauptsächlich tiefergehende Artikel, die explizit für heise+ geschrieben werden. Also das betrifft nicht die News, die schon immer frei waren, also über heise online. Die gibt es auch weiterhin genauso frei, wie sie damals vor Ende Januar 2019 mit dem Produktstart angeboten wurden. Was neu ist, ist eben, dass eine extra Online-Redaktion geschaffen wurde, die genau für unsere Zielgruppe – für das, wofür auch eine c’t schon bekannt war und ist und eine iX, dass wir einfach noch tiefer schauen. Wir haben eigentlich immer so die Floskel gehabt: Wir sind nicht die Schnorchler, sondern die Taucher, die Tieftaucher, und wir gehen den Dingen eben auf den Grund. Und das ist letztendlich auch das, was die heise+ Redaktion macht. Zudem, und das war am Anfang natürlich total hilfreich und nützlich, ist es auch ein Flat-Angebot an all unseren Magazinen, die hier unter Heise Medien verlegt werden. Und darüber hatten wir die Hoffnung, und das hat sich auch erfüllt, dass wir darüber eine sehr breite Zielgruppe erreichen, ich sage mal, von einem Anfänger oder von einem Bastler, von der Make: beginnend bis hin zu dann einer iX, wo wirklich dann die Profis unterwegs sind, die Admins, mit Inhalten, die ich auch nicht mehr verstehe.
Christian Kallenberg [00:02:12]:
Okay, das ist ja eine relativ heterogene Zielgruppe. Wie sieht denn das aus? Wie viele Abonnenten gibt es da aktuell?
André Lux [00:02:19]:
Also wir haben zur Zeit circa 46.500 aktive Abonnenten, die das Produkt nutzen, und wir haben ja noch eine Aufteilung. Das kann ich ja – also falls das nicht noch als Frage kommt – gleich schon ausführen. Wir haben zum einen natürlich Neukunden, die komplett neu dieses Digital-Produkt so nutzen, und die sind ungefähr zur Hälfte vertreten von diesen 46.500. Und die andere Hälfte sind eigentlich Bestandskunden, die wir haben, denen wir dann ein Upgrade-Angebot unterbreitet haben. Das haben wir auch noch mal unterschieden. Da sagen wir einmal ein „Mehrfach-Abonnent“, also wenn jemand zwei Abos und mehr bei uns hat, und das sind einige, die kriegen heise+ gratis. Also die haben einen gratis Zugang zu heise+.
Christian Kallenberg [00:03:05]:
André, ganz kurz.
André Lux [00:03:06]:
Ja.
Christian Kallenberg [00:03:06]:
Wenn du sagst: „Zwei Abos bei euch“, das sind dann in dem Fall zwei Print-Abos, ja?
André Lux [00:03:10]:
Ja, oder es kann auch ein rein digitales Abo sein, also aber von der Printmarke.
Christian Kallenberg [00:03:13]:
Okay.
André Lux [00:03:14]:
Genau, und dann gab es noch eine Variante, wenn jemand bei uns nur ein Abo hat, also Standard ein Abo abgeschlossen hat, dann hat er ein Angebot bekommen von 5€ Zuzahlung pro Monat. Und die andere Option war, dass er 3€ zuzahlen muss, wenn er ein Plus-Abo bei uns hat. Das hört sich jetzt doof an, heise+ und Plus-Abo, aber wir hatten schon immer – das ist schon seit Jahrzehnten so – bei c’t zum Beispiel und bei den anderen Objekten auch, eine Plus-Variante, wo man auf das Archiv zugreifen konnte und kann und wo man auch auf die digitalen Inhalte zugreifen kann, also browserbasiert lesen kann oder als PDF lesen kann.
Benjamin Kolb [00:03:51]:
Zum Thema Preisfindung vielleicht einmal: Die Preise wurden jetzt wahrscheinlich erst mal im Vorfeld festgelegt. Und habt ihr da sowas wie eine Marktforschung gemacht, oder wie seid ihr auf die Preise gekommen? Und sind die für euch jetzt erst mal so in Stein gemeißelt, oder möchtet ihr mit diesen Preisen auch dynamischer umgehen in Zukunft?
André Lux [00:04:06]:
Also der Start war relativ einfach. Als wir losgelegt haben, da war es im Markt an und für sich üblich, 9,95€ oder 9,99€ zu bezahlen pro Monat. Und das haben wir dann auch übernommen und gesagt, das ist eigentlich der richtige Preis. Wir hatten tatsächlich noch eine Berliner Agentur mit im Boot, die uns beraten hat, und mit der sind wir final zum Schluss gekommen: „Nein, wir sollten einen Ankerpreis setzen.“ Der Ankerpreis war 14,95€. Den wollten wir an und für sich auch durchgehend kommunizieren. Das haben wir am Anfang auch genau so getan, dass wir gesagt haben: „Pass mal auf, jetzt erst Special-Preis 9,95€. Es kostet dann irgendwann mal 14,95€.“ Das war jetzt nicht ganz so schlau, weil darüber natürlich viele Fragen bei uns aufschlugen, die wissen wollten: „Was heißt das denn so genau? Ist das im nächsten Jahr, im übernächsten Jahr? Wann darf ich denn 14,95€ zahlen?“ Das trägt da nicht dazu bei, dass man final schnell abschließt. Und dann haben wir gesagt: „Okay, wir verabschieden uns erst mal von den 14,95€, von unserem eigentlichen Ankerpreis, und gehen dann tatsächlich nur noch auf die 9,95€.“ Und das haben wir auch nach zwei Wochen so entschieden, dass wir unseren neuen Preis bei 9,95€ ansetzen und diesen Ankerpreis dann verlassen und gestrichen haben. In dem Zuge haben wir dann aber auch gesagt: „Okay, wir wollen natürlich auch Preiserhöhungen durchführen“, und das haben wir dann auch Ende März 2021 diesen Jahres genau so getan. Wir haben den Preis auf 12,95€ angehoben und das haben wir aber dann auch deutlich gemerkt. Also wir haben davor auch keinen Test gemacht. Wir haben dann gesagt: „Okay, wir können das so durchziehen. Und die Preiselastizität, die wird wahrscheinlich so ähnlich sein wie bei unseren klassischen Produkten, also Printprodukten“, aber da haben wir uns tatsächlich stark getäuscht. Also da ist eine ganz andere Sensibilität im Markt. Das haben wir auch zu spüren bekommen. Wir haben dann einen deutlichen Einbruch in den Bestellungen bemerkt. Da haben wir dann gesagt: „Okay, da müssen wir agieren, müssen wir reagieren.“ Wir haben früher tatsächlich auch noch nicht viele Preistests durchgeführt und das wurde dann auf einmal ganz schnell Thema, dass wir gesagt haben: „Wir müssen so eine Art Mini-Abo einführen oder Event-Abo oder saisonales Abo, was es da so alles gibt.“ Und die Variante, die wir dann gewählt haben, war ein Sommer-Abo. Das war dann wieder bei der Hälfte. Also 12,95€, die Hälfte waren dann 6,45€ bei uns. Und dann haben wir dieses Angebot durchgezogen, um die Leute oder die potenziellen Kunden, die User, wieder mehr dazu zu bewegen, bei uns das Abo abzuschließen. Das hat dann tatsächlich auch gut funktioniert. Die Kohorten gucken wir uns jetzt an, wie dann die Wandlung danach ist. Wir haben dann in dem Zuge auch – und das haben wir unseren Bestandskunden angeboten – gesagt: „Pass mal auf. Du als Bestandskunde, du brauchst jetzt nicht die 12,95€ zu zahlen, sondern du bleibst weiterhin auf deinem alten Preis von 9,95€, aber das auch nur, wenn du dich für das Jahresabo entschließt.“ So, und dann haben wir tatsächlich Test-Mailings versandt an à 1.000 Kunden und haben verschiedene Angebote unterbreitet und konnten tatsächlich auch in Summe – also wir haben damals 14.000 Bestandskunden angeschrieben und da konnten wir knapp 3.000 dazu bewegen, ins Jahresabo zu gehen mit den 9,95€. Wir hatten allerdings auch so eine Kündigungsquote von 8%. Die hat uns auch wehgetan. Aber wir haben halt gemerkt, dass ein Jahresabo funktioniert. Und das haben wir inzwischen tatsächlich als normale Angebotsform im Checkout, also einen Curtain, mit implementiert.
Benjamin Kolb [00:07:28]:
Also eigentlich ein A/B-Test per Mailing.
André Lux [00:07:30]:
Genau, ja.
Benjamin Kolb [00:07:30]:
Sozusagen. Ist denn im Prinzip auch geplant, sowas dann mal direkt online zu machen, also mit bestimmten Kohorten andere Preisfindungen zu machen, womit verschiedene Verlage ja schon ein bisschen rumexperimentieren, aber was natürlich immer so ein bisschen seltsam so für den Nutzer dann letztendlich ist, wenn er weiß, dass andere vielleicht andere Preispunkte bekommen?
André Lux [00:07:50]:
Genau, also die Idee, die haben wir ja schon länger. Das habe ich irgendwann mal im Sommer präsentiert, dass wir über eine smarte Paywall agieren wollen. Das heißt, die Idee dahinter war, wir gucken einfach über Segmente: Wie verhält sich jemand auf der Seite? Ist das also ein Fan, Hardcore-User, der täglich kommt und täglich eine Stunde bei uns bleibt? Das ist jetzt nur exemplarisch. Sowas gibt es wahrscheinlich nicht. Gibt es vielleicht auch, aber ich weiß nicht, wie viele. Oder ist das jemand, der dreimal in der Woche kommt und zehn Minuten liest? Oder ist das jemand, der einmal im Monat kommt und eine Viertelstunde liest? So, und die kann man natürlich unterschiedlich behandeln, weil der Hardcore-User, der ist wahrscheinlich eher bereit, einen höheren Preis zu bezahlen. Und der, der da mal vorbeisurft, uns aber ganz gut findet, ist vielleicht bereit, trotzdem zu zahlen, aber dann einen geringeren Preis. Und das Thema haben wir tatsächlich durchgesprochen, haben das aber bis dato nicht umgesetzt, weil wir darüber, dass wir die Rückgänge so stark hatten, die Zeit und die Ressourcen nicht hatten, das weiterzuentwickeln, diese smarte Paywall aufzubauen. Das haben wir immer noch im Hinterkopf, das wollen wir auch tun, aber das ist im Moment nicht aktuell.
Christian Kallenberg [00:08:57]:
Dann lass und noch einmal über eine andere Zahl sprechen, die schon im Raum steht, nämlich die 100.000 Abonnenten.
André Lux [00:09:02]:
Ja.
Christian Kallenberg [00:09:02]:
Die ihr mit heise+ anstrebt. Du hattest das ja vor einiger Zeit beim Publishers’ Summit vom VDZ präsentiert. Wie kommt ihr da hin? Und vor allen Dingen: Wann?
André Lux [00:09:11]:
Das werden wir schaffen, ganz sicher. Das werden wir auch 2025 schaffen. Wir haben verschiedene Initiativen bei uns im Haus gestartet und eine Initiative zahlt einmal ganz stark auf Redaktion ein, zahlt darauf ein, dass wir mehr Artikel schreiben in der Qualität, wie es der Kunde gewohnt ist. Das ist eine ganz wichtige Initiative, die wir gestartet haben. Andere, zweite wichtige Initiative, die dann kommen wird – die kommt jetzt sukzessive – also im Januar wollen wir damit dann so richtig starten und das hier auch im Hause begleiten lassen durch externe Partner, die da erfahren sind, sowas umzusetzen. Da geht es tatsächlich darum, dass wir entlang der Customer Journeys versuchen, Teams aufzustellen, dass wir sagen: „Okay, es ist relevant, dass wir in den Umfeldern Akquise, dass wir in den Umfeldern Subscription oder Abonnement und dass wir in dem Umfeld Kundenbindung den Fokus kriegen.“ Uns fehlt es hier oftmals an Fokus. Das hat zum einen damit zu tun, dass wir kein One-Brander sind. Also wir sind kein Spiegel oder FAZ, wo sich alles auf die eine Marke konzentriert, um darüber den größtmöglichen Erfolg zu generieren. Das macht es manchmal einfacher, weil das ist das Produkt und da muss man einfach wirken. Bei uns gibt es ganz viele Produkte. Also wir sind ja auch gerade – „Silent Launch“ heißt das mit der Academy – heise Academy gestartet. Das heißt, das ist so ein lebenslanges Lernen. Da kann man auch ein Abo abschließen. Das können Unternehmer, das können auch Privatleute, also B2C, machen. Aber das, was für uns hier jetzt spannend ist, ist, dass wir sagen, dass wir entlang der Customer Journey Teams aufstellen, die interdisziplinär sind, die dafür sorgen, dass zum Beispiel im Audience Development – das ist sozusagen heise online, also nicht die ganze Strecke, sondern heise Online – dass wir da sagen: „Wir wollen die Reichweite optimieren, wir wollen die Besucher pro Monat erhöhen, wir wollen die Social Media Reichweite erhöhen, wir wollen die Social Media Einstiege erhöhen, wir wollen die Anzahl der Newsletter-Empfänger erhöhen.“ So, und da muss ein Fokus drauf und da gibt es eben Teams, die sich zusammenstellen aus Redaktion, aus Marketing, aus Data Competence Center, aus Technik, Produktmanagement, um einfach diesen Blick auf diesen Ausschnitt innerhalb der Customer Journey zu bekommen. Und beim Abonnement ist es dann genauso. Da gibt es einfach beim Onboarding: Wie müssen wir vernünftiges Onboarding machen? Wie individuell müssen wir es machen? Und ab wann ist ein Abonnement, das in diesem Kontext erworben wird, eigentlich ein Abonnement? Da kann man jetzt Zeitfenster setzen, dass das Onboarding so gut sein muss, dass er mindestens 60 Tage, 30 Tage, 90 Tage an Bord bleibt, und erst dann geht er in den Bestand über und dann ist er in der Kundenbindung oder im Engagement, wo wir dann gucken, dass die heise+ Nutzer ihr Abo auch tatsächlich nutzen – da kommen wir aber nachher wahrscheinlich noch tiefer zu – um zu sehen, dass wir die Churn-Rate reduzieren, die Rückgewinnungsquote erhöhen und einfach das Leseverhalten verbessern, weil das Neue und das, was wir auch gerade lernen, ist: Die Digital-Kunden, die wir haben, im Vergleich zu unseren Printkunden – und auch dort die Printkunden, die Digital haben – die verhalten sich komplett anders und die kriegen auch kein Heft mehr irgendwie in den Briefkasten und haben darüber so ein Event, worüber sie sich freuen, sondern die müssen von uns einfach getriggert werden zu individuell richtigen Zeitpunkten.
Benjamin Kolb [00:12:33]:
Das ist ja superinteressant mit den Teams entlang der Wertschöpfungskette. Meine Frage dazu wäre, weil wir uns ja auch in dem Bereich technisch bewegen mit unseren eigenen Produkten: Du meintest ja, in den Teams sind auch Techniker zum Beispiel, also wahrscheinlich auch Entwickler. Wie tief greifen die sozusagen in eure Systemlandschaft ein durch zum Beispiel Tools, die Hilfestellungen geben oder gar in Richtung Vollautomatisierung von irgendwelchen Prozesse gehen? Oder sind die noch im Moment in dem Status, dass sie eher beratend tätig sind, weil sie im Prinzip Erkenntnisse gewinnen und Hilfestellungen geben?
André Lux [00:13:05]:
Final kann ich das wahrscheinlich Ende nächsten Jahres beantworten, weil wir befinden uns gerade auf dem Weg und wollen die Reise beginnen, aber das, was wir erreichen wollen, ist, dass jeweils innerhalb dieses Blocks, in dem man auf der Customer Journey unterwegs ist oder verantwortlich ist beim Team, dass da die Kollegen gemeinschaftlich für sich die Maßnahmen erarbeiten: Was ist denn jetzt relevant, um die KPIs, die ich mehr oder weniger eben benannt habe – da kann man ja auch Zahlen hintersetzen – um dahin zu kommen? Und dann werden die sagen: „Okay, es gibt technischer Natur die und die Lösungsansätze. Es gibt die Tools am Markt, die man einsetzen kann. Wir müssen im Marketing entsprechend agieren. Die Redaktion muss mitwirken.“ Und mir geht es eigentlich da ganz stark darum, dass es ein gemeinsames Denken wird innerhalb des Ausschnitts, in dem man sich bewegt entlang der Customer Journey, und dass man dann ein Commitment findet: Wie wollen wir das gemeinsam erreichen? Und die Kollegen, die sozusagen in den Teams sind, die bleiben ja weiter in Linie. Die bleiben ja weiter bei den Web Devs aufgehangen oder bleiben weiter beim Produktmanagement. Und wichtig ist, dass natürlich ein Commitment entlang der Linie besteht, dass man sagt: „Okay, wir wirken darauf positiv ein, dass das, was dort erarbeitet wurde, auch entsprechend umgesetzt wird“, was aber nicht bedeutet, dass das jetzt sozusagen eine Schnellstraße ist. Und die Themen, die wir hier weiterhin haben – Academy, klassische Produkte, Verticals, die wir haben – die müssen weiterhin stattfinden und die brauchen genauso ihre Aufmerksamkeit und die Ressource, die dort eingesetzt wird. Aber man muss halt dann entscheiden über die Maßnahmen, die erarbeitet werden: Was hat für das Haus die höchste Priorität? Was wirkt am besten eben auch für heise+, wenn die 100.000 erreicht werden sollen? Und das ist sozusagen das, wo wir uns hinbewegen wollen. Einmal diesen Spirit zu schaffen, dieses „An einem Strang ziehen“, und in jedem Bereich die Durchlässigkeit des Wissens zu haben und dass ein Techniker auch weiß: „Warum denkt das Marketing so, wie es denkt?“, oder wir auch besser verstehen: „Warum ist bei der Technik das manchmal nicht schnell genug?“ Es ist ja nie schnell genug, aber die haben ja auch ihre Gründe, warum was wie funktioniert. Und das versuchen wir darüber herzustellen, dass da ein besseres Verständnis ist, und darüber auch ein besseres Umsetzen in dem, was man innerhalb dieses Blocks sozusagen umsetzen möchte oder des Teams umsetzen möchte oder muss.
Christian Kallenberg [00:15:25]:
Ich könnte mir auch vorstellen, André, dass es vielleicht in einem Verlag wie eurem, der sich ja mit ganz vielen technischen Themen auch inhaltlich beschäftigt, ein bisschen leichter ist, dass da das Zusammenwirken zwischen den einzelnen Teams besser klappt als vielleicht in einem Verlag, wo es primär um Handarbeiten geht.
André Lux [00:15:41]:
Ich weiß nicht, wie es in einem Verlag ist, wo es um Handarbeiten geht, also insofern kann ich nur davon sprechen, wie es bei uns halt ist. Aber, ja, natürlich wissen die, was es gibt, und die nutzen ja auch schon ganz viel. Also die nutzen unsere Map-Tools, den SISTRIX. Die nutzen alles, was wir über unser Customer Audience Management – „CAM“ nennen wir das bei uns – an Werten generieren. Die wissen, welche A/B-Tests wir machen, die sind auch in diesem Projekt mit involviert. Das heißt, ohne Redaktion machen wir hier eigentlich gar nichts, aber das ist auch zwingend notwendig, weil letztendlich die Transparenz ja da sein soll: Was kann Technik überhaupt? Wo hilft mir Technik? Wo unterstützt es? Und wo macht es mich besser? Und darum geht es ja eigentlich. Besser, effizienter, effektiver. Je nachdem, was es dann ist. Und ich glaube, das, klar, muss hier auch noch weiter ankommen. Das ist ja auch immer so ein bisschen – dem überhaupt erst mal zu vertrauen. Wenn die denken: „Ich hätte jetzt aber mehr Abos produziert, wenn ich meine Artikel da hingesetzt habe, und jetzt hat CAM da einen anderen hingesetzt. Der produziert irgendwie weniger.“ Weiß man nicht, weil der andere ja nicht da war, aber das ist ja auch ein A/B-Testing. Haben wir auch schon durchgeführt. Das ist mal links, mal rechts ausgeschlagen. Da gab es nicht die richtige Entscheidung. Insofern: Wir sind hier tatsächlich auch noch, was das angeht, also dieses Durchmessen, die Algorithmen verproben – da ist es tatsächlich so, dass wir noch auf der Reise sind. Also das System lernt ja täglich dazu und man muss es halt lernen lassen. Wenn das nicht möglich gemacht wird, dieses Lernen des Algorithmus, dann wird es halt schwierig, nachher die Ergebnisse zu erzielen, die wir uns alle wünschen.
Christian Kallenberg [00:17:11]:
Bevor wir jetzt noch mal ein bisschen über CAM sprechen, lass mich noch einen Schritt zurückgehen. Ich würde ganz gerne noch einmal wissen, wie die Schnittmengen sind zwischen euren Print- und Digital-Abonnenten. Du hast ja vorhin einmal kurz erwähnt, dass das völlig unterschiedliche Paar Schuhe sind. Gibt es da trotzdem Menschen, die von einem Angebot zum anderen Angebot wechseln? Oder ist es wenn, dann nur eine Ergänzung zu dem Angebot, mit dem sie ursprünglich reingekommen sind?
André Lux [00:17:36]:
Nein, also das ist ja natürlich das, was wir versucht haben über die Preisfindung, die ich anfänglich benannte – dass wir versuchen, da das so zu gestalten oder es so gestaltet haben, dass wir möglichst keine Schlupflöcher bieten wollten, also dass jemand Mac & i Kunde ist – also wir lieben unsere Mac & i Abos, aber die zahlen halt im Jahresabo weniger, als ein heise+ Abo sozusagen kostet. Und vor dem Hintergrund wollten wir nicht, dass da irgendwie jemand so durchschlüpft – durch die Hintertür dann die heise+ Inhalte lesen kann. Was wir aber sehen, und das ist auch völlig normal und das ist auch das, was die klassische Redaktion oder Redakteure immer benannt haben: Da ist doch eine latente Gefahr, dass sie wegwandern, weil wenn sie digital lesen wollen, dann bestellen die doch heise+ und dann bestellen die ja nicht noch unsere einzelne Marke, wenn sie alle Marken lesen können. Das kann man tatsächlich ein Stück weit unterstreichen. Also wir merken schon bei unseren klassischen Marken, dass der Digital-Anteil der Abonnenten, der sonst über die Jahre immer gestiegen ist, der hat eine Seitwärtsbewegung im Moment. Das ist so. Wir haben tatsächlich auch Abwanderung, die von den klassischen Marken weg hin zu heise+ gewandert sind. Also da haben wir so eine Hausnummer in Summe, bei zum Beispiel einer c’t, dicker Daumen, über die knapp eineinhalb, zwei Jahre jetzt so 6.000 Abonnenten, die tatsächlich eine c’t gekündigt haben und gesagt haben: „Ich nehme nur noch heise+.“ Wir wissen jetzt nicht ganz genau, weil wir die auch noch nicht so durchgemessen haben: Ist das so ein Abschied auf Raten, dass sie erst mal sagen: „Okay, c’t, Print will ich nicht mehr und jetzt nehme ich noch mal heise+ und danach steige ich dann nach drei Monaten komplett aus“, oder haben sie sich da sozusagen in unserem Kosmos wiedergefunden und ist das dann das Produkt mit der Vielfalt, mit der inhaltlichen etwas anderen Ausrichtung, das ihm dann sozusagen zusagt und das sie auch längerfristig behalten und dafür bereit sind zu zahlen? Das kann ich hier nicht beantworten. Da sind wir noch dran, diese Zahlen zu erheben, aber es gibt für jedes Objekt, das sozusagen auch bei heise+ in der Flat vertreten ist, Abgänge, die zu verzeichnen sind. Das ist definitiv so.
Benjamin Kolb [00:19:48]:
Ein Punkt, der mir jetzt noch in Erinnerung ist, auch aus deinem Vortrag, ist das Thema Themenradar. Vielleicht fangen wir da mal an bei der ganzen Thematik, wie ihr euch aufstellen wollt. Der Themenradar sollte ja eigentlich bestimmen, über welche Themen letztendlich Content produziert wird und wie die Audience sozusagen auch angesprochen wird. Was sind da so eure Ideen und auf welchem Stand seid ihr da aktuell?
André Lux [00:20:11]:
Es geht in verschiedene Richtungen beim Themenradar. Das Themenradar zum einen soll auch der Redaktion dienen, um zu sehen, welche Top-Topics wir haben. Also was interessiert denn unsere User am meisten? Und da haben wir, ich sage mal, dicker Daumen, 30 Top-Topics, die identifiziert wurden, über die wir wissen: Das sind so Kernthemen, die wir bedienen und die für unsere User interessant sind. Was wir darüber auch sehen, ist: Über- oder unterliefen wir in dem Themenfeld oder über dieses Topic? Das heißt, haben wir eigentlich viel mehr PIs und können da gar nicht genug Inhalte zuspielen, oder haben wir eigentlich viel zu viel Inhalt und es gibt da halt kaum PIs, die drauf laufen? Und darüber kann eine Redaktion dann entscheiden: „Okay, ich kann Schwerpunkte verschieben. Ich sehe, wo Bedarf ist in Topics, und da kann ich eben noch mehr zu schreiben. Damit kann ich dazu beitragen, dass wir Artikel in Themenfeldern haben, wo wir dann auch eine Chance haben, in heise+ zu konvertieren.“ Das heißt, das ist so das eine Themenfeld, was wir haben, um das zu identifizieren. Das andere Themenfeld, was wir haben: Wir versuchen auch, so ein bisschen zu crawlen. Das heißt, wir gucken einfach national, international: Welche IT-Seite spricht denn eigentlich über was? Und stellen das der Redaktion zur Verfügung, um die Redaktion entscheiden zu lassen: Ist da was bei, was irgendwie mal flapsig der heiße Scheiß ist, was man unbedingt bringen sollte? Oder haben wir das alles sowieso auf dem Schirm und da ist nichts Neues? Also einfach, um so einen Überblick zu haben, was woanders sozusagen veröffentlicht wird, und ob das uns was bringt, wenn wir das im Blick behalten. Des Weiteren haben wir auch in dem Kontext die Chance für unsere Sales-Kollegen, also ich sage mal im Anzeigenbereich – bei uns ist das Sales und Solutions – dass die über die Topics natürlich auch den Industriekunden diese Topics verkaufen können. Also wenn jemand nur an Security interessiert ist oder nur an DevOps oder was auch immer, dann können die einfach sagen: „Hier, du kannst nur Security buchen“, und all die, die sozusagen für dieses Themenfeld relevant sind, die kriegen das angezeigt, und dafür kann man dann einen höheren TKP verlangen. Also das ist so die Idee dahinter. Das ist das, was wir über die Topics machen.
Benjamin Kolb [00:22:32]:
Bei dem Thema Crawlen fände ich noch ganz spannend, was ihr da genau macht. Also bei uns ist das zum Beispiel so, dass wir natürlich öffentlich verfügbare Newsfeeds verwenden und Social-Engagement-Daten, Trenddaten auch, die abrufbar sind, um das eben möglichst automatisiert zu lernen, was davon für die Redaktion jetzt spannend ist, auch auf Basis des eigenproduzierten Contents schon mal Topics zu clustern, das automatisiert zuzuordnen, sodass quasi die Redaktion ja ressortgenau im Prinzip Vorschläge bekommt, welche Themen da draußen gerade abgehen oder welche saisonal jetzt wieder auf dem Plan stehen müssten, um der Redaktion da möglichst viel der händischen Arbeit eigentlich abzunehmen. Was macht ihr da?
André Lux [00:23:15]:
Tatsächlich technisch unter der Motorhaube bin ich ein bisschen schwach auf der Brust. Das gebe ich ganz ehrlich zu. Wir haben hier Kollegen, Kolleginnen, die können das viel, viel besser, die könnten das auch viel besser erklären, als ich es kann. Ich weiß nur, dass wir hier zwei Kollegen haben, also eine Kollegin und einen Kollegen – also der Kollege damals hat dieses Topic-Modell erstellt, hat da auch dieses Radar dann damals das erste Mal erstellt und vorgestellt. Das mit dem Crawlen, das ist jetzt über eine neue Kollegin, die wir dazugewonnen haben, die das Thema weiterverfolgt. Wie wir das tatsächlich clustern und was wir den Redaktionen da zur Verfügung stellen können und schon tun oder wollen, das kann ich im Moment tatsächlich nicht sagen und das wäre jetzt sozusagen die Glaskugel, die ich raushole. Ich weiß es tatsächlich nicht. Also ich weiß, wir können es, wir machen es für uns auch schon. Was die Redaktionen davon schon nutzen, glaube ich, ist sehr wenig. Die wissen wahrscheinlich, dass wir es tun, aber ich glaube, das ist noch nicht in der Aufbereitungsgüte, dass die Redaktion da jetzt schon mit arbeiten kann.
Christian Kallenberg [00:24:13]:
André, ich finde das sowieso sehr, sehr beachtlich, wie tief du dich trotzdem auskennst, denn wenn ich das richtig gelesen habe in deiner Vita: Du kommst ja eigentlich aus dem Abo-Bereich und das waren ja früher vor allen Dingen Print-Abos, nehme ich an, mit denen du dich am Anfang deiner Karriere vor allen Dingen beschäftigt hast. Wie bist du da jetzt so tief schon reingekommen? Bist du auch privat da technisch affin oder hast du dir das alles angelesen jetzt bei heise in den Jahren, seitdem du da bist? Also ich finde das ziemlich beeindruckend.
André Lux [00:24:41]:
Also ich lese ausschließlich c’t und iX. Nein, das tue ich nicht. Das tue ich nicht. Nein, also ist tatsächlich so: Ich war ja eine zeitlang jetzt damals noch beim Bauer Verlag in Hamburg. Das ist jetzt ja Bauer Media. Und da habe ich dann irgendwann ja das Direktmarketing, hieß es, glaube ich, geleitet, aber davor habe ich da schon den Onlineshop aufgebaut und da gab es ja noch kein Shopware 6 oder 5 oder was es da so Schönes gab – kein Magento und so weiter und so fort. Da hat man das tatsächlich mit jemandem gemacht und da hat man den Shop für uns customized aufgebaut. In dem Zuge habe ich da auch schon sehr viel mit E-Mail-Marketing gemacht, das heißt, da hatten wir Response-Quoten. Sowas gibt es gar nicht mehr. Und das Wort „Spam“ gab es damals auch noch nicht. Ich glaube, in der Technik war ich schon immer tief drin, weil mich das interessiert und weil ich versuche, alles, was technischer Natur hilft im Marketing oder in der Gesamtkonstellation entlang der Customer Journey, alles, was es gibt, und alles, was neu kommt, zumindest einzusortieren, zu bewerten und zu sehen: Was könnte für uns nützlich sein? Da wir hier eben im Hause – das ist ja nun mal bei einem IT-Verlagshaus so ein bisschen so – sehr stark mit diesen Themen uns auseinandersetzen und in der Abteilung, die ich führe, auch das Data Competence Center liegt, ist es einfach so, dass man mit den Themen tagtäglich zu tun hat. Alle Kollegen, die in dem Kontext arbeiten, wissen viel, viel mehr als ich. Das ist auch gut und richtig so. Es bleibt nicht aus, dass man einfach mitsprechen möchte und auch eine Meinung dazu sich bilden muss, um final das zu entscheiden oder der GL weiter zu transportieren. Das hilft einfach dabei, hier auch einigermaßen auf dem Stand zu sein.
Benjamin Kolb [00:26:21]:
Eine Frage, die mich sehr interessiert, ist: Du hast von dem CAM gesprochen, von dem Customer Acquisition Management Modul bei euch, oder vielleicht ist das auch ein Tool. Vielleicht kannst du darüber noch mal ein bisschen mehr erzählen, wie das funktioniert und vor allem vielleicht auch wo es angreift und bis wohin sozusagen der Bereich des CAM geht.
André Lux [00:26:37]:
Ja, gerne. Also bei uns heißt das immer „Customer Audience Management“. Das zahlt bei uns ganz stark auf die Themen NBO, also Next Best Offer, und NBC ein. Das Ganze basiert auf dem On-Site-Verhalten der Kunden. Also das heißt, wir messen, soweit es geht, die Kunden durch. Wir machen das nicht individualisiert, sondern wir machen es dann sozusagen anonymisiert und bilden Mini-Kohorten, um das einigermaßen sauber zu haben. Und das Ziel, was wir darüber erreichen wollen, war eigentlich immer: Wir wollen die Stickiness erhöhen, also wenn jemand zu heise online kommt, dass er dann auch gerne wiederkommt – die Haltbarkeiten innerhalb des Abos, also bei heise+, zu erhöhen. Wenn wir jemanden geworben haben, dann ihm das anzubieten – NBC ist es dann, Next Best Content – damit er seine richtigen Inhalte, die für ihn spannenden Inhalte lesen kann, und natürlich wollen wir darüber Abschlüsse generieren, das heißt, das NBO, Next Best Offer. Das versuchen wir eben bestmöglich über die Daten, die wir On-Site über die Nutzer zur Verfügung haben, umzumünzen, dass wir Cluster bilden. Und die Cluster haben wir halt gebildet. Darüber haben wir dann Kaufverhaltensdaten mit dazugepackt, dann haben wir nachher unsere DMP, das heißt, wir haben On-Site-Daten, wir haben sozusagen, wenn wir den identifizieren, wenn er sich eingeloggt hat, eben auch seine Kaufhistorie. Das führen wir zusammen und darüber berechnen wir dann on-the-fly, ob der eine hohe Affinität hat, eine mittlere Affinität oder eine geringe Affinität, jetzt insbesondere bei heise+. Und wenn er eine geringe Affinität hat, dann wir er von uns nicht angegangen, dann würden wir diese Potenziale für andere Produkte freihalten und dort sozusagen ausspielen. Wenn er eine mittlere oder hohe Affinität hat, dann wird er bespielt. Da haben wir aber auch festgestellt, dass die mittlere Affinität – da können wir wahrscheinlich andere Produkte auch noch besser anbieten – und die hohe Affinität eigentlich die ist, auf die wir es dann sozusagen ausspielen. Dieses Modell, das wir hier durchgeführt haben, das haben wir sozusagen verprobt und das stimmt. Also das heißt, wir haben das durchgetestet über A/B-Tests und gesehen: Okay, wir sind da, wenn wir das machen, definitiv besser, haben die besseren Ergebnisse. Und darüber können wir dann eben die richtigen Werbemittel ausspielen, sodass immer sozusagen die low hanging fruit – das hört sich doof an, aber so ein bisschen in die Richtung geht es halt. Und beim Content ist es identisch. Wenn wir merken, der ist affin für Topics, dann können wir ihm eben Content anspielen. Wir haben unsere Cluster oder Segmente, je nachdem wie man es benennen möchte, noch relativ grob gehalten. Ich glaube, wir laufen da über fünf oder sechs Segmente, wohin wir sozusagen einsortieren. Also wir wissen nach drei Klicks, in welches Cluster wir ihn sortieren, und darüber wird er dann entsprechend bespielt. Das wollen wir aber durchaus verfeinern. Also da wollen wir granularer werden, um einfach noch bessere Ergebnisse zu bekommen. Und die Kollegen im Data-Competence-Umfeld, die arbeiten genau an diesen Themen gerade, um einfach das Ganze für uns noch wirksamer zu machen.
Benjamin Kolb [00:29:41]:
Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, dann habt ihr ja Gated Content, der sozusagen eine Registrierung erfordert, und Paid Content, der dann das Abo-Modell letztendlich erfordert, richtig?
André Lux [00:29:52]:
Das ist richtig.
Benjamin Kolb [00:29:53]:
Genau, das funktioniert ja bei den meisten unserer Kunden auch sehr erfolgreich. Und dieses „Den Kunden sozusagen leiten in diesen Gated Content auf den verschiedenen Stufen“, das macht ihr auch über Recommendations, das heißt also bei einem Artikel, den ich gelesen habe, dass dann weiterführende Artikel sozusagen ausgewählt werden je nach Segment, je nach Cluster, ob es opportun ist, ihm jetzt zum Beispiel einen Artikel anzubieten, der eine Registrierung erfordert, weil ihr euch davon mehr Conversion versprecht.
André Lux [00:30:22]:
Genau, also das machen wir tatsächlich jetzt noch nicht so in dem Maße, wie wir uns das wünschen. Wir machen es in Teilbereichen der Homepage. Hängt damit zusammen, dass wir auch dabei sind, gerade unsere Homepage umzustellen auf ein – wir nennen es immer „Modulsystem“. Bis dato haben wir da ein relativ unflexibles System und sobald wir dieses Modulsystem haben, sind wir eben auch in der Lage, eigentlich jedes Template dynamisch zu bespielen. Das werden wir natürlich umso stärker nutzen – natürlich alles in Absprache mit der Redaktion, dass das sinnvoll ist und dass wir darüber den bestmöglichen Effekt erzielen, aber das ist der Sinn, genau das zu tun, und das ist auch der Sinn, was ich mit „Stickiness“ benannte, dass wir, wenn jemand über einen Artikel reingekommen ist – der soll ja wiederkehren zu heise online – dass wir ihm dann sozusagen die Artikel anbieten, was ja auch ein Outbrain oder so macht über Recos, dass wir da bestmöglich ihm das anbieten, damit er sich wohlfühlt und dann möglichst geschmeidig durch die Paywall durchgeht. Und wie gesagt, wenn er dann durchgegangen ist, soll es nachher natürlich bei der Kundenbindung oder beim Engagement genau so sein, dass es die für sich richtigen Artikel findet, ohne da eine Blase bilden zu wollen.
Benjamin Kolb [00:31:33]:
Wie tief seid ihr jetzt schon in dieses Thema der Konzeption von so einer Recommendation eingestiegen? Ich weiß noch: Aus unserer eigenen Erfahrung kann man da ja quasi beliebig viele Parameter einsetzen, um möglichst optimalen Content auszuspielen – seien es Interessen, natürlich auch den Content selber. Die haben ja eigene Conversion Rates, die Artikel, die man da ausspielt. Also wenn man jetzt einen hat, der beispielsweise dem Thema schon sehr affin ist, man glaubt, durch die Kohortenzuordnung, dass er kurz vor einer Registrierung stehen könnte – nehmt ihr dann all diese Faktoren mit rein, um möglichst das Stück Content auszuspielen, was ihn als nächstes dann konvertieren würde, oder –
André Lux [00:32:09]:
Das ist die Idee. Da sind wir noch überhaupt nicht. Der meiste Inhalt, die meisten Artikel, die kommen einfach über die Redaktion und werden bespielt. Wir haben Flächen, wo wir genau das jetzt tun, um genau diesen Effekt zu erzielen. Das ist natürlich auch immer so ein bisschen sportlicher Ehrgeiz der Redaktion unsererseits. Also unsererseits – wir denken immer gemeinsam, aber es gibt ja so einen sportlichen Ehrgeiz: Was funktioniert da wie eigentlich besser? Aber es ist tatsächlich so, dass wir auch noch dabei sind, zu ermitteln: Was führt denn eigentlich zu einer hohen Kauf-, Lesewahrscheinlichkeit? Welche Attribute sind das eigentlich, die genau darauf einzahlen? Und was fehlt uns da? Weil wir sehen ja: Okay, wir haben Cluster und wir sehen, die reagieren besser und wir haben Affinitäten hoch, mittel und gering berechnet, aber was genau ist denn jetzt das, was dazu führt, dass das Kauf- oder das Leseverhalten oder die Wahrscheinlichkeit höher ist? Welche Attribute? Und da arbeiten wir tatsächlich noch dran, das auch zu ermitteln, um einfach noch besser zu werden. Aber wie gesagt, zurzeit, wenn du dir die Homepage ankuckst, dann siehst du auch, dass viel von uns über das dynamische Ausspielen noch nicht passiert. Wir haben dafür vorgesehene Flächen, auf die wir uns verständigt haben, um einfach zu lernen. Und da sind wir gerade in diesem Status.
Benjamin Kolb [00:33:20]:
Und wenn du dir jetzt so die End-Ausbaustufe dieser dynamischen Page vorstellst: Wie flexibel könnte das dann am Ende sein? Also bei uns läuft das im Prinzip über Kohorten, wo man dann die ganze Seite dynamisch gestalten kann mit Ausspielungen, auch ob der jetzt in dem Fall überhaupt eine Subscription sieht, also im Prinzip alles dynamisch gestalten anhand der Kohorte. Ist das auch so euer Plan, oder wird sich das im Wesentlichen auf Content beschränken, die Dynamik?
André Lux [00:33:49]:
Also in der Hauptsache wird sich es auf Content beschränken, aber nichtsdestotrotz versuchen wir ja auch, wenn wir über NBO reden, natürlich immer das bestmögliche Angebot zu offerieren, weil wie gesagt, die Steigerung des Kundenwertes, das ist bei uns auch ganz, ganz weit oben. Wir gucken einfach: Wie kommen wir da hin, dass wir genau diese Berechnung soweit gestalten können? Und wie kriegen wir es mit der Redaktion gemeinsam hin, dass beide glücklich sind, das zu bespielen? Also ich als so Vertriebler und Technikverliebter – ich übertreibe jetzt mal – würde sagen: Ja, wir hatten mal vor, weiß nicht, fünf Jahren eine Veranstaltung bei unserem Technikpartner. Da haben die berichtet von einem Kunden, den sie haben. BABY! Vice ist das. Da haben sie berichtet: „Ja, die haben 225.000 Newsletter-Empfänger und sie haben 225.000 individuelle Newsletter versendet.“ Das heißt, jeder Newsletter-Empfänger hat eigentlich einen individuellen Newsletter bekommen nach seinen Bedürfnissen. Das Bild habe ich immer so ein bisschen vor Augen. Wir haben nachher, keine Ahnung, unsere 100.000 heise+ Abonnenten und wir haben dann 100.000 unterschiedliche heise+ Produkte. Das ist zwar alles gleich, weil die Inhalte sind da, aber jeder bekommt die anders hochgespielt für sich. Und das ist eine Idee, die ich im Kopf habe, aber die muss nicht 100% mit dem, was die Redaktion gut findet, übereinstimmen. Aber dass wir die Möglichkeit haben, dahin zu kommen, ich glaube, das ist gut und da muss man einfach gucken: Was hat nachher für das Haus den höchsten Effekt? Wo finden wir die besten Haltbarkeiten in welchem Mittel? Und vielleicht muss man das auch völlig individuell pro Kunden oder pro Kohorte durchführen. Das weiß ich auch noch nicht, aber letztendlich, dass wir dahin kommen, das möglich zu machen, das ist das eine. Und das ist, glaube ich, auch wichtig. Und das andere ist: Wie bespiele ich es nachher in der Realität?
Benjamin Kolb [00:35:35]:
Das hört sich ja nach einem sehr ausgefeilten A/B-Testing letztendlich auch an. Wenn man das auf Einzelpersonen runterbricht, hat man natürlich keine besonders große statistische Größe mehr, aber wenn man das auf Kohorten denkt, natürlich schon. Auch bei den Zahlen, die ihr jetzt habt – glaubt ihr im Wesentlichen, dass diese statistische Größe der Daten ausreicht, um letztendlich wirksames A/B-Testing zu machen? Und das ist ja immer so ein bisschen die Frage, oder die Menge der Daten spielt immer eine zentrale Rolle bei diesen ganzen Themen.
André Lux [00:36:03]: Ist es belastbar? Ist es nicht belastbar?
Benjamin Kolb [00:36:04]:
Ist das belastbar? Genau.
André Lux [00:36:05]:
Absolut, das ist relevant und ich denke mal bei nachher den kleinteiligen Themen, also die da durchaus mitwirken, wenn wir über Mini-Kohorten sprechen, dann wird es schwierig. Also wir versuchen schon, auch innerhalb der Segmente A/B-Testing durchzuführen, also Affinitäten gegeneinander zu testen oder fünf gegen drei Artikel zu testen. Was funktioniert da besser? Sowas machen wird schon, aber grundsätzlich nutzen wir A/B-Testing überall dort, wo wir es überhaupt einsetzen können, weil das ist ja auch nicht so einfach. Also wir arbeiten mit Kameleoon. Ich hoffe, ich mache jetzt keine Werbung oder so. Und da ist es so, dass wir einfach gucken: „Welche Placements haben wir denn überhaupt zur Verfügung, wo wir das A/B-Testing durchspielen können, wo wir das wirksam gestalten können?“, weil da immer die Web Devs noch ein Stück weit mit drin sind, dass da aufzusetzen. Und die Placements haben wir auch verprobt, also das heißt: Welche Placements haben wir denn überhaupt zur Verfügung, wo wir das Ganze A/B-testen können? Also sowas wie Footer, Header, Checkout und so weiter und so fort. Und das muss erst mal eingerichtet werden. Und uns ist natürlich wichtig, dass wir möglichst viele Placements haben, wo man das durchtesten kann. Und wenn wir es dann haben, dann werden eben die Werbemittel durchgetestet. Also ist Signalfarbe besser als Native? Und so weiter und so fort. Dann machen wir das Ganze natürlich mit der Wirksamkeitsmessung, aber wir machen das im Moment über Fallzahlen, die eben sehr hoch sind, und nicht in Kleinstkohorten.
Benjamin Kolb [00:37:29]:
Eine Frage. Vielleicht noch mal einen Schritt zurück zu den Kohorten. Sind die bei euch fix, das heißt, ihr überlegt die euch, modelliert die und dann benutzt ihr die sozusagen für A/B-Testing oder andere Zwecke, Auswertungen? Oder plant ihr, das Ganze auch dynamisch zu gestalten? Ich frage deshalb, weil wir gerade selber auch ein Forschungsprojekt zu dem Thema bei uns machen, wo wir versuchen, eigentlich mit Machine-Learning-Methoden solche trennscharfen Kohorten automatisiert zu bilden, die man dann zwar schwieriger versteht, aber die vielleicht trennschärfere Ergebnisse liefern. Was ist da so eure Idee?
André Lux [00:38:00]:
Um ehrlich zu sein: Da sind wir noch relativ weit weg von, weil wir so viele Baustellen haben, an denen wir gerade arbeiten, und die Ressourcen das im Moment nicht hergeben, alles weitertreiben zu können und sozusagen auf die Spitze treiben zu können. Schön wäre es, wenn man in dem Umfeld spitzer werden könnte oder, ich sage mal, technischer werden könnte. Aber ich denke mal, wenn wir die Segmente, Kohorten, die wir haben, noch weiter aufbrechen, verdoppeln, dann wäre das schon mal gut, weil dann wären wir schon feinteiliger unterwegs und dann würde es noch besser passen. Aber die Zukunftsaussicht, die du gerade geschildert hast, da sind wir noch relativ weit weg von.
Christian Kallenberg [00:38:37]:
Dann kommt von mir eine jetzt vielleicht nicht mehr ganz so Deep-Dive-mäßige Frage, aber vielleicht mal ein paar Schritte zurück: Wie sieht es mit dem Traffic bei euch aus? Wie weit seid ihr da, was die Verteilung über Mobile App oder auch Web angeht? Mein Vorurteil ist über eure Leserschaft: Die kommen viel über das Web, beziehungsweise viel mehr über den Desktop als über das Mobilgerät, als es bei anderen Verlagen der Fall ist.
André Lux [00:39:01]:
Also das Vorurteil, das würde ich unterstützen. Das ist total richtig, weil wir merken ganz einfach, dass wenn wir sozusagen innerhalb der Arbeitszeiten sind, dann werden wir Desktop genutzt. Wenn wir kurz vor Arbeitszeit beginnen, also, ich weiß nicht, zwischen 6 und 8 sind oder nachher zwischen 17 und 20 Uhr, dann wir es wieder mobiler. Also das ist dann wirklich mobil. Jetzt tagsüber, das sind eben Kollegen, die das stark am Arbeitsplatz nutzen, stark darüber zugreifen. Also wir sind ganz stark Desktop noch basiert, aber das verändert sich. Das sehen wir auch deutlich, dass es sich verändert. Das sehen wir, dass da ein Change langsam stattfindet, aber bei uns ist tatsächlich Desktop noch ganz stark vertreten, ja.
Benjamin Kolb [00:39:46]:
Du hattest vorhin ja schon mal erwähnt, dass ihr gerade auch mit Churn zu kämpfen habt – Abonnenten, die das Abonnement auslaufen lassen oder abbrechen. Was habt ihr aktuell für Mechanismen, um dagegenzuwirken? Das heißt, vielleicht von Frühwarnsystemen, die einem schon mal sagen: „Der könnte vielleicht demnächst sein Abonnement canceln“, oder auch dann, wenn es schon zu spät ist, er sein Abonnement abgebrochen hat, dass man ihn dann vielleicht wieder zurückgewinnen kann. Was habt ihr dort im Bereich Datenerfassung bis hin zum Marketing, was wahrscheinlich dann anläuft, in place?
André Lux [00:40:21]: Das geht in die Richtung für mich so Automatisierung. Also welche Trigger können wir wann wie setzen? Und welche Erkenntnisse haben wir über die Kunden? Und wenn wir über Prävention sprechen, ist es tatsächlich so: Da sind wir bei heise+ noch nicht aufgestellt. Wir haben tatsächlich Mechanismen. Wenn jemand im Kündigungsprozess ist, dann kriegt er noch mal ein Angebot von uns: „Willst du nicht doch bleiben? Kriegst es noch mal 25% günstiger“, und darüber erhoffen wir dann, dass er sagt: „Okay, ja, gut, dann teste ich einfach noch mal, oder dann bleibe ich einfach noch weiter dabei.“ Das ist so eine Option. Wenn jemand dann tatsächlich gekündigt hat, dann kommt er bei uns in eine Automatisierung, also in eine Anstoßkette, dass er angeschrieben wird per Mail und dass er dann von uns ein nachträgliches Angebot bekommt, um wieder zurückzukehren. Also das machen wir automatisiert. Das funktioniert so ähnlich wie die Onboarding-Strecke, die auch noch nicht individuell ist, aber deutlich besser ist auch mit Hinweis auf: „Lade dir die App runter. Nutze die App“, weil wir darüber dann ja auch wieder Push-Nachrichten versenden könnten oder auf neue Inhalte aufmerksam machen könnten. Aber so Dinge, die wir zum Beispiel im Klassischen bei c’t nutzen, wo wir sehen: „Okay, wir haben Haltbarkeits-Cluster“, wir sehen: „Okay, jemand ist ein Jahr dabei, ist dann zwei Jahre, drei Jahre, fünf Jahre, zehn Jahre, über zehn Jahre und so weiter dabei.“ Da gucken wir immer, wie sozusagen die Überführung von Cluster 1, also Haltbarkeitszeitspanne ein Jahr bis zwei Jahre, dann in zwei Jahre bis drei Jahre und so weiter und so fort. Und da identifizieren wir bei der c’t Warnsignale. Und diese Warnsignale sagen: „Eigentlich ist da die Überführung im Verhältnis zum Vorjahr oder Vorvorjahr oder wie auch immer viel zu gering. Und da müssen wir jetzt rein. Da haben wir viel zu viele Abgänge innerhalb des Clusters.“ Dann müssen wir halt gucken: Was für eine Ansprache ist da richtig? Wie machen wir das? Woran liegt es genau? Und das Schöne hier bei heise+ ist – also bei meiner c’t, bei den Klassischen, ist es immer: Du musst die irgendwie per E-Mail oder wie auch immer anschreiben und sagen: „Hier, pass mal auf, die c’t ist toll und diese Mehrwerte hast du und du hast ja auch ein Plus-Abo und ist ganz toll und nutze es einfach mehr.“ Also was man da auch immer für Trigger setzen kann, damit die sagen: „Okay, ja, ist super und ich bleibe weiterhin am Ball“, und damit überführt man sie dann ins nächste Haltbarkeitscluster. Bei heise+ ist es so, dass wir einfach gucken – das machen wir aber noch nicht automatisiert und darüber erfolgt auch noch überhaupt kein Anstoß: Wie ist tatsächlich der Übergang von Cluster zu Cluster in der Haltbarkeit? Wobei wir da eigentlich erst mal in der Gesamthaltbarkeit sind: Wie hoch ist überhaupt die Haltbarkeit bei uns? Wir hatten da mal ein Jahr her oder so – da waren es so sieben Monate, dass wir gesagt haben: So durchschnittliche Haltbarkeit bei heise+ sind sieben Monate, weil am Anfang eben relativ viele weggehen. Und da müssen wir eben halt dran arbeiten. Aber diese Haltbarkeiten – ein kleiner Exkurs – die sind jetzt deutlich besser geworden darüber, dass wir solche Drei-Monats-Abos anbieten, Vier-Monats-Abos oder das Jahresabo, weil dann haben die sich eben für das Jahr verpflichtet und darüber haben wir natürlich gleich die Haltbarkeit deutlich, deutlich verbessert. Spannend für uns ist dann die Phase, wenn sozusagen das erste Jahr oder die drei Monate auslaufen: Wie verhalten sich die Kunden danach? Aber ich komme noch mal zurück auf die Indikatoren. Was wir natürlich machen und durchmessen, ist: Wie viele Besucher haben wir denn bei einem User? Wie oft loggt er sich ein? Wie sind denn seine Lesezeiten? Und das sind die Themen – das haben wir noch nicht, das gebe ich ganz ehrlich zu. Da arbeiten wir dran. Was sind für uns da die Signale, die uns sagen: „Okay, jemand, der vorher fünfmal gekommen ist, drei Minuten gelesen hat, warum kommt der jetzt nur noch einmal und liest nur noch zwei Minuten? Was ist das? Und wie müssen wir ihn triggern? Über welches Device müssen wir ihn triggern? Und welche Inhalte müssen wir ihm gegebenenfalls einspielen, damit er wieder öfter kommt?“ Weil das weiß jeder in dem digitalen Kontext: Je öfter jemand das digitale Produkt nutzt, desto besser ist die Haltbarkeit. Da müssen wir einfach drauf einwirken. Und diese Parameter, die ich gerade benannte, die müssen wir sozusagen in eine Automatisierung bringen, dass darüber Anstöße passieren. Das haben wir noch nicht.
Benjamin Kolb [00:44:24]:
Ja, klassischerweise würde man dann ja in dem Fall wahrscheinlich auch rückwirkend mit den Daten schon arbeiten können. Weil ihr könntet ja auch die Abonnentenabbrecher untersuchen, wie die Nutzungsfolge der letzten drei bis sechs Monate war, und dann anhand der Kurven erkennen bei zukünftigen Benutzer, ob die gefährdet sind oder nicht.
André Lux [00:44:41]:
Genau, also über den Rohdatenabzug haben wir genau alles hier im Haus vorliegen, dass wir drauf arbeiten können.
Benjamin Kolb [00:44:46]:
Aber das ist ja schon mal erfreulich.
Christian Kallenberg [00:44:47]:
Und auch erfreulich – um mal den Übergang zu finden – ist ja auch die Nachricht, die vor Kurzem durch die Medien gegangen ist, dass Heise Medien t3n übernommen hat. Die t3n hat ja auch ein, ich nenne es jetzt mal, Plus-Modell ähnlich wie heise+. Das heißt bei denen, glaube ich, die „Pro-Membership“. Kannst du da schon irgendwas sagen, inwieweit es da Kooperationen gibt oder Best Practice? Könnt ihr von denen lernen oder seid ihr jetzt alles eins oder wie geht es da weiter?
André Lux [00:45:14]:
Also erst mal toll, oder? Also ich freue mich riesig.
Christian Kallenberg [00:45:17]:
Ja.
André Lux [00:45:17]:
Ich finde das für den Standort Hannover total toll und ich glaube, dass wir uns gegenseitig gut befruchten können, um es mal auf den Punkt zu reduzieren. Grundsätzlich die DNA von t3n soll genau so bleiben, wie sie ist. Wir werden da überhaupt nicht drauf einwirken. Die machen ihr Ding da schön weiter, wie sie es bisher gemacht haben, und werden das auch genauso erfolgreich weitermachen. Ich glaube, das Schlimmste wäre, wenn wir jetzt denken, dass wir irgendwas besser wüssten als die. Die sollen einfach ihren Stiefel genau so weitergehen wie bisher. Und ich glaube, die machen das sehr erfolgreich. Das Erste, was ich so, als Herr Heise das hier gestern kommuniziert hat, gedacht habe: Ich fühlte mich auf einmal sieben Jahre jünger. So Digital Pioneers, super. Also da war man auf einmal wieder auch so eine junge Zielgruppe. Was ich toll finde, ist: Es ergänzt sozusagen dieses Gesamtportfolio sehr gut, weil wir so in diesen Startup-Umfeldern – da sind wir über das, was wir hier im Moment so machen, nicht so gut vertreten. Das ist einfach nur eine Ergänzung im Gesamtportfolio. Die bleiben autark, die machen, wie gesagt, ihre Sachen so weiter, wie sie es bisher gemacht haben. Aber na klar – aber das hat es noch nicht gegeben – wird es einen Austausch geben in verschiedenen Bereichen, um einfach voneinander zu lernen und zu sehen: Was kann ich bei uns übernehmen? Die für sich: Was können sie von uns übernehmen? Aber jeder in seiner Verantwortung. Jeder fällt da seine eigene Entscheidung.
Christian Kallenberg [00:46:39]:
André, jetzt haben wir so lange über Abos gesprochen und über Abo-Haltbarkeiten. Was hast du eigentlich für Abos und wie lange schon?
André Lux [00:46:44]:
Also ich habe ein Amazon Prime Abo, ich hatte früher ein RoadBIKE Abo, das habe ich aber schon lange nicht mehr. Also das ist so eine Fahrradzeitung von Auto Motor & Sport – von der Motor Presse, Entschuldigung, aber die machen auch die Auto Motor & Sport. Genau, ich habe ansonsten ein Telekommunikations-Abo, aber da ich alle interessanten Magazine irgendwie hier im Hause habe, muss ich eigentlich kein Abo haben in dem Kontext.
Christian Kallenberg [00:47:07]:
Benni und ich hatten darüber spekuliert, ob du vielleicht ein Classic Rock Abo hast. Wir haben ja gehört, dass du eine musikalische Karriere hingelegt hast, vom Hard Rock über den Jazz, wieder zurück zum Hard Rock. Und da hatten wir gedacht: „Der André, das ist ein Printleser von Classic Rock.“
André Lux [00:47:23]:
Nein.
Christian Kallenberg [00:47:25]:
Warum nicht?
André Lux [00:47:26]: Also Gitarre und Bass oder sowas wäre tatsächlich etwas, aber ich bin ja leider auch genauso schlimm wie viele andere auch: Ich habe da YouTube. Das, was ich mir mal draufbringen will bei der Gitarre, das lerne ich alles über YouTube tatsächlich. Also das ist das Beste, was es gibt, um besser zu werden. Und ich hatte früher tatsächlich auch viele Tabulaturen und Hefte. Das hat mich aber nicht weitergebracht. Also ich bin dreimal so schnell über YouTube Lehrgänge und das macht auch richtig viel Spaß, weil man so schnell ein Erfolgserlebnis hat. Aber, ja, also Gitarre und die Musik, das ist so ein Thema, das begleitet mich schon total lange. Also total lange. Radsport ist ein Thema, das begleitet mich auch schon so seit dem Start der Studentenzeit. Und das sind so die Dinge, die ich tatsächlich auch noch mache. Vor Corona war eben auch noch viel Sport. Im Fitnessstudio war ich viel unterwegs. Das ist aber jetzt deutlich zurückgegangen. Dafür ist der Rotweinkonsum hoch. Nein, ist er nicht.
Benjamin Kolb [00:48:24]:
Das Abo liegt also im Fitnessstudio.
André Lux [00:48:26]:
Ja, es ruht, genau.
Christian Kallenberg [00:48:28]:
Okay, super. André, vielen lieben Dank.
André Lux [00:48:29]:
Sehr gerne.
Christian Kallenberg [00:48:30]:
Das hat Spaß gemacht und es war vor allen Dingen wahnsinnig informativ.
Benjamin Kolb [00:48:33]:
Ja, sehr interessant, wirklich, muss ich sagen.
Christian Kallenberg [00:48:34]:
Einer unserer längsten Deep Dives, die wir bisher gemacht haben. Vielen lieben Dank.
André Lux [00:48:38]:
Sehr gerne.
Christian Kallenberg [00:48:39]:
Und wir drücken die Daumen, dass die 100.000 spätestens 2025 Wirklichkeit sind.
André Lux [00:48:44]:
Wir sprechen einfach noch mal. Danke dir.
Christian Kallenberg [00:48:46]:
Okay, tschüss.
André Lux [00:48:47]:
Tschüss.