Digitale Erneuerung inmitten der Disruption: Wie Deutschland, Österreich und die Schweiz sich anpassen
Einblicke in den Digital News Report 2025 des Reuters Institute
Der Reuters Institute Digital News Report ist mittlerweile die jährliche Bibel, die von den meisten Verlegern verwendet wird, wenn es um globale Trends geht. Der Bericht wird vom Reuters Institute for the study of journalism an der Universität Oxford verfasst.

Am 2. Juli habe ich an einem von der INMA veranstalteten Webinar teilgenommen, bei dem Lucy Kueng, eine der Autorinnen des Berichts, und Nic Newman, Senior Research Associate, die Ergebnisse mit Jodie Hopperton von INMA diskutierten. Der Bericht bietet einen Panoramablick auf das globale Nachrichten-Ökosystem in einer Zeit beispielloser technologischer Beschleunigung und systemischer Fragmentierung. Auf der Grundlage einer Umfrage unter mehr als 94.000 Personen in 47 Ländern zeigt der Reuters Report die sich verändernden Muster des Nachrichtenkonsums, des Vertrauens der Zuschauer, der Dynamik der Plattformen und der Monetarisierung. Es handelt sich um die bisher wohl umfassendste Darstellung der Art und Weise, wie künstliche Intelligenz, soziale Medien und ein verändertes Nutzerverhalten zusammenkommen und den Journalismus und die öffentliche Sphäre umgestalten.
Hinter der oberflächlichen Innovation verbirgt sich ein tieferes Spannungsfeld: Während die Verlage in neue Formate und Tools investieren, bleiben viele der strukturellen Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind - schwindendes Vertrauen, sinkende Reichweite, prekäre wirtschaftliche Situation - ungelöst oder verschärfen sich. Der Bericht bietet keine einfachen Lösungen, aber er umreißt die Konturen einer neuen strategischen Realität: eine, in der die Erstellung von Inhalten, die Verbreitung und das Engagement durch generative KI, algorithmische Entdeckung und Nutzermüdigkeit neu definiert werden.
Auch die deutschsprachigen Medienmärkte - Deutschland, Österreich und die Schweiz - stehen vor einem strukturellen Umbruch, zeigen sich aber auch widerstandsfähig und innovativ. Politische Volatilität und wirtschaftlicher Druck haben die Branche unbestreitbar verändert, aber neue digitale Strategien, ein sich veränderndes Publikumsverhalten und kollaborative Ansätze schaffen neue Chancen.
Österreich: Journalistische Innovation und Zielgruppenloyalität
Österreichs turbulentes politisches Klima hat die Unabhängigkeit seiner Medieninstitutionen auf die Probe gestellt. Doch die vorgeschlagenen Reformen zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ORF haben auch eine nationale Diskussion über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Journalismus ausgelöst, was zu erneuter Unterstützung durch das Publikum geführt hat. Trotz des Aufstiegs populistischer Narrative bleibt die Kronen Zeitung der meistgelesene Titel des Landes, und das digitale Engagement für Der Standard und Profil wächst weiter.
Neue Marktteilnehmer erobern sich Raum mit hochwertigen digitalen Angeboten. Nischen-Abonnementmodelle wie Addendum haben bei jüngeren Zielgruppen, die nach tiefgreifenden Analysen suchen, an Zugkraft gewonnen. Darüber hinaus ist Österreichs 20-Millionen-Euro-Gesetz für hochwertigen Journalismus nicht nur eine Notfall-Subvention – es hat neue investigative Projekte angestoßen und die Ausbildung in Datenjournalismus und KI-unterstützter Berichterstattung unterstützt.
Mediaprints Werbepilot-Plattform, die darauf ausgelegt ist, Werbeeinnahmen von globalen Tech-Giganten zurückzugewinnen, ist ein Beispiel dafür, wie traditionelle Verlage hauseigene programmatische Lösungen entwickeln, um Wert innerhalb des österreichischen Ökosystems zu halten.
Deutschland: Diversifizierung und digitales Selbstvertrauen
Deutschland, der größte Markt in der DACH-Region, erlebt sowohl Konsolidierung als auch Experimentierung. Der Aufstieg der AfD und sich verändernde politische Dynamiken haben die Nachfrage nach vertrauenswürdigen Informationen angekurbelt, was etablierten Marken wie Der Spiegel und Süddeutsche Zeitung zugutekam, die beide Wachstum bei Premium-Digital-Abonnements meldeten.
Die regionale Presse des Landes, lange als Eckpfeiler des demokratischen Diskurses betrachtet, übernimmt zunehmend geteilte Infrastrukturmodelle, um Kosten zu senken, ohne lokale Relevanz zu verlieren. Die digitale Abonnement-Penetration ist auf 13% gestiegen – noch unter nordischen Niveaus, aber stetig steigend –, während Verlage mit gebündelten Angeboten innovieren, die Text, Audio und Video kombinieren.
Deutschland ist auch an der Spitze der Newsroom-Automatisierung. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF haben KI-Tools für Content-Tagging, Übersetzung und personalisierte Empfehlungen eingeführt, was die Zugänglichkeit verbessert und die Reichweite erweitert hat. Kooperationsprojekte wie Table.Media experimentieren mit Fachzeitschriften-Newslettern und vertikalem Journalismus, die durch B2B-Abonnements finanziert werden.
Schweiz: Nischenwachstum und digitale Community-Modelle
Die Schweiz mit ihrem kleinen, mehrsprachigen Markt war schon immer strukturell herausfordernd, bleibt aber ein Testfeld für neue Ideen. Während CH Media und TX Group redaktionelle Funktionen zentralisiert haben, zeigen neue digital-native Medien wie Republik in Zürich und Bajour in Basel, dass mitgliederunterstützte, slow journalism-Modelle erfolgreich sein können.
TikTok und Instagram haben sich als effektive Kanäle für öffentlich-rechtliche Sender und unabhängige Kreative erwiesen, um jüngere Zielgruppen zu erreichen. SRG SSR hat trotz drohender Budget-Debatten erfolgreich Kurznachrichten-Formate pilotiert, die für mobile-first-Konsumtion zugeschnitten sind. In französischsprachigen Regionen hat dieser Ansatz zu einem siebenpunktigen Anstieg beim Engagement der unter-35-Jährigen geführt.
Darüber hinaus drängen Schweizer Verlage auf zukunftsweisende Regulierung. Vorschläge, Plattformen für Link-Vorschauen und KI-generierte Snippets zahlen zu lassen, haben politische Unterstützung gewonnen und bieten eine potenzielle Einnahmequelle. Zusätzlich haben weitere 30 Millionen Euro an Bundesförderung geholfen, die Print-Distribution zu erhalten und Verlagen gleichzeitig Investitionen in Multimedia-Produktion zu ermöglichen.
Gemeinsame Chancen in der DACH-Region
Über Österreich, Deutschland und die Schweiz hinweg stechen drei positive Trends hervor:
- Erneuerter Fokus auf Vertrauen und Qualität – Während sich das allgemeine Nachrichten-Engagement fragmentiert, verzeichnen Premium-Marken Abonnement-Wachstum, da Zielgruppen in unsicheren Zeiten verlässliche Informationen suchen.
- Innovation in Formaten und Distribution – Von KI-unterstützter Personalisierung bis hin zu Social-Video-Storytelling erreichen Verlage jüngere Zielgruppen auf Wegen, die traditionelle Berichterstattung ergänzen.
- Entstehende kollaborative Ökosysteme – Ob durch geteilte Infrastruktur, gemeinsame programmatische Plattformen oder koordinierte Lobbyarbeit für Plattform-Zahlungen – Verlage finden Stärke in kollektivem Handeln.
Die DACH-Region bleibt ein Mikrokosmos der europäischen Medienzukunft: politische und wirtschaftliche Belastungen bestehen fort, aber sie treiben auch Innovation voran. Diese Märkte sind keineswegs im Niedergang – sie definieren aktiv neu, wie nachhaltiger Journalismus in einer digital-first, plattform-getriebenen Ära aussieht.
Warum die Aussichten nicht völlig düster sind
Trotz Entlassungen und Finanzierungsdebatten behalten diese Märkte im Vergleich zu vielen anderen Ländern hohe Vertrauenswerte in den Journalismus. Zielgruppen wenden sich weiterhin an etablierte Marken zur Verifizierung. Abonnement-Modelle, obwohl klein, zeigen Aufwärtstrend. Und vielleicht am wichtigsten: Es gibt eine wachsende Bereitschaft unter Verlagen, Geschäftsmodelle zu überdenken, mit Technologie zu experimentieren und Zielgruppen zu ihren eigenen Bedingungen zu erreichen.
Die Geschichte der Medien im deutschsprachigen Europa ist keine Geschichte des Niedergangs – sie ist eine Geschichte des Wandels unter Druck.
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