Wie Medienschaffende in Deutschland die wichtigsten Erkenntnisse des Reuters Digital News Reports 2024 nutzen können
Das Internet überholt lineares Fernsehen als wichtigste Nachrichtenquelle. Jüngere Zielgruppen nutzen hauptsächlich Social Media für den Nachrichtenkonsum. Die Bedeutung von Online-Nachrichtenvideos wächst. Diese und weitere Ergebnisse des diesjährigen Digital News Reports des Reuters-Instituts zeigen, was Nachrichtenkonsumenten in Deutschland beschäftigt. Wie Medienschaffende die Erkenntnisse nutzen können, erfahren Sie hier.
Im Zentrum des Digital News Report des Reuters-Instituts stehen aktuelle Herausforderungen und Dilemmata, die Herausgeber von Nachrichtenmedien weltweit betreffen, sowie die öffentliche Meinung dazu. Im Januar und Februar dieses Jahres wurden dazu mehr als 95.000 Personen in 47 globalen Märkten befragt.
Für die deutsche Teilstudie ist seit 2013 das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut zuständig, es wird dabei von den Landesmedienanstalten und dem ZDF unterstützt. Die wichtigsten Ergebnisse des Digital News Report des Reuters-Instituts für den deutschen Markt sind in diesem Artikel zusammengefasst. Erfahren Sie mehr über die Möglichkeiten, wie Nachrichtenproduzenten auf die Erkenntnisse des Reports reagieren und diese nutzen können.
Nachrichtenmüdigkeit abschwächen
41 Prozent der Befragten des diesjährigen Reports geben an, dass sie von der Menge der heutzutage verfügbaren Nachrichten erschöpft sind. Zum Vergleich: Im Jahr 2019, als die Frage zuletzt erhoben wurde, lag dieser Anteil bei 26 Prozent. In der jüngsten Altersgruppe ist dieser Wert 2024 mit 51 Prozent am höchsten.
Die Nachrichtenmüdigkeit unter den Befragten hat ebenfalls zugenommen. 14 Prozent der erwachsenen Internetnutzer versuchen aktiv, Nachrichten zu vermeiden, während 69 Prozent dies gelegentlich tun. Beide Anteile sind im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozentpunkte gestiegen.
Um Nachrichtenmüdigkeit entgegenzuwirken, lassen sich verschiedene strategische Ansätze verfolgen. Diese ermöglichen es, den Nachrichtenkonsum positiver und die Inhalte zugänglicher zu gestalten.
- Balance anstreben: Veröffentlichung einer ausgeglicheneren Mischung positiver und negativer Nachrichten. Erfolgsgeschichten können einen Ausgleich schaffen, während lösungsorientierte Inhalte für die Nachrichtenkonsumenten motivationsspendend sind.
- Zusammenfassungen anbieten: Einzelne Artikel oder die wichtigsten Nachrichten des Tages in kurzen, leicht konsumierbaren Formaten zugänglich machen. Mittels kompakter Nachrichtenformate der Informationsüberflutung entgegenwirken.
- Personalisierung: Anpassung des Nachrichten-Feeds basierend auf von Nutzern ausgewählten Interessen und Themen. Benutzerdefinierte Benachrichtigungen ermöglichen eine noch genauere Auswahl zum Erhalt von Nachrichten.
Skepsis gegenüber KI im Journalismus entgegenwirken
Dem Einsatz von künstlicher Intelligenz im Journalismus begegnen die Befragten 2024 überwiegend mit Skepsis. 52 Prozent der erwachsenen Internetnutzer in Deutschland haben viel über künstliche Intelligenz gelesen oder gehört. Doch jede zweite Person fühlt sich bei der Nutzung von Nachrichten unwohl, wenn diese hauptsächlich durch KI und mit etwas menschlicher Aufsicht produziert wurden. Im Gegensatz dazu fühlen sich 36 Prozent der Befragten bei der Nutzung solcher Nachrichten wohl. Jüngere Befragte tendieren dazu, offener für KI-Nachrichten zu sein als ältere.
Der Einsatz von KI bietet für Redaktionen viele Vorteile, stößt bei den Nachrichtenkonsumenten jedoch zum Teil auf Skepsis. Medienschaffende können dieser Skepsis mit verschiedenen Maßnahmen begegnen:
- Sensibilisierung: Transparente Kommunikation über den Einsatz und die Rolle von KI kann Missverständnisse und Misstrauen vermeiden.
- Qualitätssicherung: Redaktionelle Kontrolle bei der Erstellung von Inhalten mittels KI kommunizieren und vor allem gewährleisten.
- Ethikrichtlinien: Entwicklung und Veröffentlichung von Ethikrichtlinien zum Einsatz und der Nutzung von KI in der Nachrichtenproduktion zeigen Verantwortungsbewusstsein.
- Kommunikation der Vorteile für Nutzer: Aufklärung über Vorteile der Nutzung von KI für Nachrichtenkonsumenten kann Akzeptanz und Verständnis fördern.
Nachfrage digitaler Nachrichtenangebote mit starker Online-Präsenz begegnen
67 Prozent der erwachsenen Internetnutzer in Deutschland nutzen mindestens einmal pro Woche digitale Nachrichtenangebote auf Webseiten, in Apps oder auf Social Media. Das klassische lineare Fernsehen wird von 60 Prozent genutzt.
2024 ist das Internet erstmals die wichtigste Nachrichtenquelle für die erwachsene Online-Bevölkerung in Deutschland und überholt damit knapp das Fernsehen. 42 Prozent der Befragten nennen das Internet als Hauptnachrichtenquelle, 41 Prozent bevorzugen das Fernsehen.
Die meisten erwachsenen Internetnutzer suchen nach bestimmten Artikeln oder Berichten, indem sie direkt eine Nachrichtenwebseite oder App aufrufen (32 Prozent) oder den Namen einer Webseite in eine Suchmaschine eingeben (29 Prozent).
Die gesteigerte Nachfrage digitaler Nachrichtenangebote erfordert eine starke Online-Präsenz. Der Weg dahin kann verschiedene Optionen beinhalten.
- Online-Präsenz stärken: Nutzerfreundliche und schnelle Webseiten und App(s) machen Inhalte online leichter zugänglich für Nutzer. Auch SEO-Maßnahmen erhöhen die Sichtbarkeit.
- Multimediale Berichterstattung: Interaktive Inhalte wie Umfragen und Grafiken, Videos, Livestreams oder Podcasts sprechen ein breiteres Publikum an.
- Mobile-First-Strategie: Optimierung der Nachrichteninhalte für mobile Geräte mittels Nachrichten-Apps und einer ausgearbeiteten Mobile-First-Strategie, um Nutzer im digitalen Raum zu erreichen.
Social-Media-Strategie (weiter) entwickeln und mehr Video produzieren
Der Anteil der Befragten, die Nachrichten hauptsächlich über Social Media konsumieren, ist im Laufe der Zeit kontinuierlich gestiegen. In Deutschland trifft dies auf 15 Prozent der Befragten zu, wobei der Anteil unter den 18- bis 24-Jährigen mit 35 Prozent am höchsten ist. Für 16 Prozent dieser Altersgruppe sind soziale Medien sogar die einzige Nachrichtenquelle. Mit einer wöchentlichen Reichweite von 34 Prozent liegt Social Media im Vergleich zu anderen Online-Quellen vorn.
Bei der jüngeren Zielgruppe ist Social Media auch der bevorzugte Zugang zu Nachrichten. 37 Prozent der Befragten im Alter zwischen 18 und 24 Jahren stoßen am ehesten über Social Media auf Nachrichtenquellen. Für 27 Prozent dieser Altersgruppe ist Social Media der wichtigste Weg zu Online-Nachrichten.
Besonders der Fokus auf Bewegtbildinhalte auf bestimmten Social-Media-Plattformen ist für die jüngste Zielgruppe ausschlaggebend. 27 Prozent der 18- bis 24-Jährigen kommen regelmäßig über Instagram mit Nachrichten in Kontakt, gefolgt von YouTube mit 24 Prozent und TikTok mit 13 Prozent. Diese Altersgruppe konsumiert Online-Nachrichtenvideos hauptsächlich auf diesen Drittplattformen.
Auch erwachsene Befragte konsumieren Online-Nachrichtenvideos, mindestens einmal pro Woche sind das mit 49 Prozent knapp die Hälfte der befragten Deutschen. Rund ein Drittel der Befragten (34 Prozent) konsumiert regelmäßig Nachrichtenvideos, die länger als wenige Minuten sind. Für 26 Prozent der Nutzer von Online-Nachrichtenvideos ist die Plattform eines Nachrichtenanbieters der meistgenutzte Kanal, gefolgt von YouTube mit 23 Prozent.
Nachrichtenproduzenten können den Shift zu Social Media mit verschiedenen Strategien nutzen.
- Präsenz auf wichtigsten Social-Media-Plattformen: Es lohnt sich für Nachrichtenproduzenten, die Vielfalt der populärsten Plattformen zu nutzen und ihre Präsenz dort auszubauen. Für die jüngere Zielgruppe sind das Instagram, YouTube und TikTok. Die unterschiedlichen Plattformen benötigen spezifische Strategien und plattformgerechte Formate.
- Zielgruppenspezifische Inhalte: Die Zielgruppe der 18- bis 24-Jährigen unterscheidet sich in ihrem Mediennutzungsverhalten und ihren Interessen von älteren Zielgruppen. Diese Unterschiede sollten bei der Inhaltserstellung berücksichtigt werden.
- Produktion von Online-Nachrichtenvideos: Schnelle und prägnante Vermittlung von Nachrichten in kurzen Videos, um dem Konsumverhalten auf Instagram oder TikTok zu entsprechen. Erstellung längerer Videos zu komplexen Themen, die detaillierter dargestellt werden und tieferes Verständnis zu Nachrichtenmeldungen zu schaffen. Zusammenfassungen der Nachrichten in längeren Video-Formaten. Dies entspricht dem Nutzungsverhalten auf YouTube. Entwicklung von Serienformaten fördert den Wiedererkennungswert und Zuschauerbindung.
Vertrauenswürdigkeit in Nachrichten auf Social Media stärken
Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass Nachrichten auf Social Media tendenziell skeptisch betrachtet werden. Dies gilt besonders für TikTok, wo 41 Prozent der Nutzer Schwierigkeiten haben, zwischen vertrauenswürdigen und nicht vertrauenswürdigen Nachrichten zu unterscheiden.
Nachrichten, die über WhatsApp oder die Google-Suche erhalten werden, begegnen die Befragten mit weniger Bedenken. Insgesamt äußern 42 Prozent der erwachsenen Befragten in Deutschland Bedenken, ob sie Online-Nachrichtenmedien trauen können und ob sie Falschmeldungen von Fakten unterscheiden können (Vergleich 2023: 37 Prozent).
Das Vertrauen in Nachrichtenmedien hängt für die Befragten vor allem davon ab, ob transparent kommuniziert wird, wie Nachrichten entstehen. Für 74 Prozent der Befragten ist dies wichtig. Weitere wichtige Faktoren sind hohe journalistische Standards (72 Prozent), eine unvoreingenommene Berichterstattung (65 Prozent) und eine faire Repräsentation von "Menschen wie mich" (65 Prozent). Weniger wichtig für das Vertrauen sind die langjährige Geschichte eines Nachrichtenmediums oder eine zu negative Berichterstattung.
Medienschaffende können die Vertrauenswürdigkeit in Nachrichten auf Social Media stärken durch:
- Transparenz: Offenlegen von Quellen, transparente Kommunikation über Fehler und Korrekturen sowie Faktencheck und der Verweis auf journalistische Standards verleihen der Berichterstattung Tiefe und schaffen Vertrauen.
- Förderung Medienkompetenz: Inhalte, die Nachrichtenkonsumenten helfen, vertrauenswürdige Quellen und Falschmeldungen zu identifizieren.
- Community-Building: Interaktive Formate und moderierte Diskussionen fördern den Austausch und stärken das Vertrauen der Nutzer. Durch Einholen und Umsetzen von Feedback zeigen Medienschaffende Interesse und Reaktionsfähigkeit.
Fazit zum Digital News Report 2024
Der diesjährige Digital News Report des Reuters-Instituts zeigt aktuelle Entwicklungen des digitalen Nachrichtenkonsums auf. Deutlich werden besonders die Unterschiede zwischen dem Mediennutzungsverhalten der jungen Zielgruppe und älteren Befragten in Deutschland. Gleichzeitig verweist der Bericht auf Gemeinsamkeiten, die über alle Altersgruppen hinweggehen, wie die Zunehmende Bedeutung von Social Media. Der Ausbau digitaler Strategien und Multichannel Publishing sind für Medienschaffende nach wie vor immens wichtig.
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